Kleines Einmaleins der Desinfektion

Kleines Einmaleins der Desinfektion

Welche Desinfektionsarten kommen in Wasserwerken, Kläranlagen und der Industrie zum Einsatz – und wodurch unterscheiden sie sich?

Der Schutz vor Infektionen, vor unbeabsichtigtem Kontakt mit gefährlichen Keimen oder Viren ist zu einer lebenswichtigen Aufgabe geworden, die in ihrer Bedeutung immer weiter zunimmt. Unsere Lebensmittel, zu denen auch unser Trinkwasser gehört, und unsere Umwelt, die wir weiter frei zum Beispiel zum Baden genießen wollen, müssen verstärkt durch Maßnahmen der Hygiene und Desinfektion geschützt werden. Neue Vorschriften, wie z. B. die 42. BImSchV für offene Kühlanlagen schützen auf diese Weise Mensch und Umwelt.

Desinfektion von Trinkwasser

Im Verteilungssystem des Trinkwassernetzes geht es darum, Wasser von hervorragender Qualität sicher bis zu den Verbrauchern zu bringen. Dazu wird dem Wasser am Ausgang des Wasserwerks eine geringe Menge freien Chlors oder Chlordioxid zugesetzt, um eine Wiederverkeimung des bereits aufbereiteten Wassers über den Transportweg zu vermeiden. Dabei geht es oft um Desinfektion im sehr niedrigen Konzentrationsbereich. In dieser Anwendung werden unsere Sensoren Memosens CCS51D für freies Chlor und Memosens CCS50D für Chlordioxid eingesetzt. Um die Wirksamkeit sicherzustellen ist in vielen Fällen zusätzlich eine pH-Messung sinnvoll, beispielsweise mit Memosens CPS11D.

Freies Chlor und Chlordioxid sind depotbildende Desinfektionsmittel. Sie behalten über den Transportweg hinweg ihre desinfizierende Funktion und eignen sich somit bestens für den Netzschutz.

Ganz anders sieht es mit Ozon aus: Es ist hochreaktiv, es oxidiert alles in seiner näheren Umgebung – aber es bildet kein Depot. Damit eignet sich Ozon für die Desinfektion des Wassers innerhalb des Aufbereitungsprozesses im Wasserwerk, nicht aber für den Netzschutz.

Alle drei Desinfektionsmittel inaktivieren Bakterien, indem sie ihre Zellwände aufbrechen oder durchdringen und in der Zelle Stoffwechselvorgänge unterbinden. Das geschieht in Abhängigkeit der Bakterienart – nicht alle Desinfektionskomponenten reagieren in identischer Weise, sondern abhängig von den örtlichen Rahmenbedingungen. Die Wirksamkeit von Chlor ist stark auf bestimmte Bakterien bezogen und das Aufbrechen der Zellwände benötigt eine gewisse Zeit. Der Einsatz von Chlordioxid ist weitreichender; hier werden auch Viren und Einzeller mitbehandelt, zudem dringt Chlordioxid durch seine lipophilen Eigenschaften leichter in Biofilme ein und zerstört diese. Mit Ozon wird aufgrund der Reaktivität nahezu alles oxidiert. Ozon darf jedoch nicht als letzte Aufbereitungsstufe eingesetzt werden, da die Vielzahl an oxidierten Substanzen ein Substrat bilden, was sehr schnell zur Wiederverkeimung neigt.

Wieder anders funktioniert die Desinfektion des Wassers durch UV-Bestrahlung. Die UV-Strahlen brechen nicht die Bakterienzellwände auf, sondern blockieren die Vermehrungsfähigkeit der Bakterien über die Zerstörung ihrer DNA. Dieses Verfahren funktioniert, solange genügend UV-Licht in das Medium, das desinfiziert werden soll, eingetragen werden kann. Ist das durch eine zunehmende Verschmutzung der UV-Lampen nicht mehr möglich, kann auch keine sichere Desinfektion mehr erfolgen. Auch bei dieser Desinfektionsart ist keine Depot-Bildung möglich – die Desinfektion funktioniert nur an Ort und Stelle, nicht mehr danach.

Risiken und Nebenwirkungen Im Gegensatz zu Ozon und Chlordioxid, deren Wirkung maßgeblich auf deren oxidativen Eigenschaften beruhen, hat Chlor die starke Tendenz Wasserinhaltsstoffe zu chlorieren mit der Folge, dass unerwünschte Verbindungen entstehen. Früher wurde versucht, bereits das Rohwasser mit recht großen Mengen an freiem Chlor zu desinfizieren – mit der Konsequenz, dass der durchaus hohe Gehalt an organischen Stoffen im Wasser zur Bildung von Trihalomethanen oder auch THM führte. Es entstehen auch weitere Stoffe, die der Gesundheit schaden können, wie z. B. Chloroform. Solche Anlagen sind heutzutage aber eher selten anzutreffen. Heute erfolgt im Eingang des Wasserwerks die Behandlung weitgehend mit Flockungsfiltern, UV-, Chlordioxid- und Ozon-Anlagen. Der Netzschutz wird zusätzlich mit den depotbildenden Komponenten „freies Chlor“ oder „Chlordioxid“ erzeugt und ist damit deutlich sicherer. Diese Trennung in Prozess-Desinfektion und Distributions-Desinfektion hat kaum erwiesene schlagbare Vorteile.

Desinfektion im Ablaufwasser von Kläranlagen

Am Ende der Abwasserbehandlung steht meistens das Einleiten des Ablaufwassers in natürliche Gewässer. Gerade in den Sommermonaten kommt es vor, dass die Gewässer sehr wenig Wasser führen und dann unter Umständen hauptsächlich aus dem Ablaufwasser von Kläranlagen bestehen – ein Anlass zur Desinfektion.

Desinfektion in Kühlanwendungen

In der produzierenden Industrie gibt es vielfältige Anwendungen, beispielsweise rund um die Kühlung. Kühlanwendungen treten heute allenthalben in Erscheinung, sei es in der Energieerzeugung oder in der Lebensmittelproduktion. Das Kühlmedium ist oftmals Brauch- oder Oberflächenwasser. Hier will man einerseits den Durchtritt des Kühlmittels in den Produktionskreislauf verhindern oder umgekehrt unbedingt vermeiden, dass z. B. Proteine von der Produkt-auf die Kühlerseite gelangen und dort zu massiver Schaumbildung führen können. Ein weiteres Ziel ist es, die verfügbare Kühlleistung durch die Minimierung des flächenhaft auftretenden Biofilms zu maximieren. Typischerweise wird dem Kühlwasser ein Desinfektionsmittel zugesetzt, um die Bildung von Bakterienrasen in den Kühlerleitungen zu vermeiden. Bewährt hat sich dabei Chlordioxid, da es direkt biofilmabbauend wirkt und über einen weiten pH-Bereich wirksam ist und auch beim Zusatz von pH-Wert erhöhenden Korrosionsinhibitoren seine Wirkung behält. Insbesondere eignet sich der Einsatz in offenen Rückkühlwerken für die sichere Einhaltung der neuen Vorschriften der 42. BImSchV.

Desinfektion in der Lebensmittelindustrie

Im Lebensmittelbereich wird überwiegend Peressigsäure verwendet. Es wird breitbandig zum Desinfizieren von Nahrungsmitteln eingesetzt – von Hühnchenfleisch über Salate in Verbrauchsverpackungen ist nahezu alles denkbar. Welcher Stoff in welcher Konzentration in der jeweiligen Anwendung verwendet werden darf wird von lokalen und regionalen Gesetzen bestimmt. Der Einsatz von Desinfektionsmitteln unterscheidet sich daher von Region zu Region. Gerade Chlordioxid eignet sich für Reinigungsprozesse in der Lebensmittelindustrie, da es im Gegensatz zu Chlor keine schädlichen Verbindungen bildet und sich leicht auswaschen lässt, wie zum Beispiel bei der Flaschenreinigung.

In Europa bestimmen die lokalen Gesetze, welche Komponenten zugelassen sind – dies ist in Deutschland insbesondere die Liste der nach Trinkwasserverordnung zugelassenen Substanzen. Während in der Nahrungsmittelindustrie in Deutschland Chlordioxid partiell erlaubt ist, findet in Frankreich die Verwendung von freiem Chlor breite Anwendung, um abzupackende Lebensmittel wie beispielsweise verzehrfertige Salate zu desinfizieren.

Fazit:

Die Wahl der geeigneten Desinfektionsmethode hängt stark von der jeweiligen Anwendung ab. Mittels geeigneter Sensorik kann heute die Wirksamkeit der Desinfektion sichergestellt und dokumentiert werden.

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