Was für ein Theater!

Wer hier in der Region Basel die Berufsmatur begleitend zur Lehre absolviert, muss sich im zweiten Lehrjahr ein Wahlpflichtfach aussuchen. Die Schule ist bestrebt, eine grössere Auswahl anzubieten und hat deshalb im letzten Jahr neben Zusatzenglisch und Medienkunde zum ersten Mal ein ganz anderes Fach durchgeführt: Theater Für mich war schnell klar, das muss es sein. Als ich meinem Berufsbildner die Auswahl vorstellte, schloss er, meinem doch eher schüchternen Charakter entsprechend, diese Wahl in einem scherzhaften Satz schon einmal aus. Doch glücklicherweise war es dann überhaupt kein Problem, das rein fachlich unnützeste Fach Theater zu belegen.

Der Unterricht dort war dann so ähnlich wie ich ihn mir vorgestellt hatte, aber irgendwie auch ganz anders. Es war sehr auf jeden Fall sehr Abwechslungsreich. Die Klasse bestand anfangs aus neun Schülern, wobei einer nach der Hälfte leider Noten bedingt ausschied. Wir besuchten zwei Theaterstücke, ein eher Klassisches im Stadttheater und ein Improvisationsstück in kleinerem Rahmen. Dann bekamen wir eine Backstage-Führung im Theater Basel, bei welcher wir leider meist nur verschlossene Türen gesehen hatten, denn der Schlüssel unserer Begleitperson passte dank eines gerade installierten neuen Schlüsselsystems nicht mehr.

In der Schule selbst befassten wir uns mit den verschiedenen Ausdrucksformen auf der Bühne und lasen auch einige theoretische Texte zu Spieltechnik und Theatergeschichte, aber primär ging es ums spielen. Vielfältige Aufgaben galt es zu meistern, mal als Hausaufgabe vorbereitet, bald darauf aus dem Stehgreif improvisiert.

Als voll für die Promotion zählendes Fach muss es natürlich auch Noten geben. Diese gab es dann auch für die verschiedensten Aufgaben. Zu den besuchten Stücken mussten Rezessionen verfasst werden, es gab eine Spiel- und am Ende auch eine „Zuverlässigkeitsnote“.

Zur Semesterwende, etwas zu spät wie ich finde, machten wir uns ans Highlight des Jahres, die abschliessende Grossproduktion, ein ganzes Stück von uns geschrieben und gespielt. Nach dem die Klasse das Thema festgelegt hatten begannen wir einfach mit dem spielen, wobei drei Szenen entstanden, auf denen schlussendlich das Stück basieren soll.

Ich wurde dazu auserkoren, die Geschichte und einen Grossteil des Drehbuchs zu verfassen. Das war aus den zugegebenermassen unmöglichen Vorgaben ziemlich schwierig. Dennoch stand am Ende ein gutes Grundgerüst, in das die Anderen Dialoge und andere witzige Ideen einfüllen konnten.

Am Anfang schritt die Produktion gemütlich voran, doch je näher die Premiere rückte, desto knapper wurde die Zeit. Schliesslich verbrachten wir ganze Abende und Wochenende in der Aula, um alles termingerecht fertig zu kriegen. Alle waren erschlagen, als wir nach der letzten kurzfristig einberufenen Probe endlich zum ersten Mal das ganze Stück auf die Bühne gebracht hatten und unseren Mehraufwand ausrechneten: Die Arbeitszeit einer ganzen Geschäftswoche brauchten wir zusätzlich, um unser Theater auf die Beine zu stellen.

Doch es hat sich gelohnt: Das Publikum war begeistert von unserem kleinen Maffiathriller, der in den 20ern in Chicago spielt. Es machte grossen Spass vor der vollbesetzten Aula (die aber nicht wirklich viel Platz bietet) unser eigenes Werk vorzuführen. Und bereits vor dem Schlussapplaus war mir klar, dieses Fach zu wählen war die richtige Entscheidung.

Insgesamt vier Mal haben wir das Stück mit den Namen „The Winesburg-Bar“ aufgeführt. Nach dem sich der (eigentlich nicht vorhandene) Vorhang nun zum letzen Mal geschlossen hat, blicken wir auf eine tolle, aber sehr anstrengende Zeit zurück, die unsere Gruppe für den Rest der Lehre geprägt hat.

2 Kommentare

  1. Silvia

    Hi Christoph,

    das klingt ja total cool! Wie lang ging dieses Stück dann? Was war die Story?

    Liebe Grüße
    Silvia

    Antworten
  2. Christoph

    Hallo Silvia,

    das Stück dauerte bei jeder Aufführung unterschiedlich lang, je nach dem wie schnell wir Gesprochen und Umgebaut haben. Es waren etwa zwischen 45 Minuten und einer Stunde, eine Pause gab es nicht. Eigentlich hatten wir weniger geplant, aber das Stück wurde im Verlaufe der Proben immer länger…

    Es handelte von sechs Einzelschicksalen, die sich langsam aber sicher miteinander verweben und schliesslich in einem grossen Finale unmittelbar treffen. In der ersten Hälfte lag das Augenmerk vorallem auf der Geschichte eines Mädchen vom Lande, das beschloss, in der grossen Stadt eine Bar (die Winesburg-Bar) aufzumachen. In Akt Zwei rückten dann zwei konkurierende Mafiabosse ins Zentrum, die in dieser Bar ihre Geschäfte treiben, nachdem ihr bisheriges Versteck von der Polizei aufgedeckt wurde.

    Gruss
    Christoph

    Antworten

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