Einfach Wasserqualität messen

Warum gibt es kein Gerät, mit welchem ich ganz einfach Trinkwasser testen kann? Ein Gerät, welches ich ins Wasser halten kann und mir dann sagt: „Die Wasserqualität ist gut“. So ähnlich wie der „Tricorder“ aus Startreck…? 

In diesem Artikel gehe ich auf drei Herausforderungen bei der Beurteilung der Trinkwasserqualität ein, stelle die Anforderungen an die Trinkwasserproduktion in der Schweiz vor und zeige, wo aktuelle Daten zur Trinkwasserqualität in deinem Versorgungsgebiet zu finden sind. 

Und ganz am Ende des Artikels gibt es einen Tipp, wie du mit wenig Aufwand eine sichere Versorgung mit „gutem“ Trinkwasser sicherstellen kannst. 

Drei Herausforderungen bei der Beurteilung der Trinkwasserqualität 

Was suchen wir?

Wenn wir die Wasserqualität beurteilen wollen, dann müssen wir uns entscheiden, mit welcher Messgrösse wir die Qualität beurteilen: Welchen Parameter wollen wir messen? WAS suchen wir? 

  • Suchen wir eine bestimmte Substanz? Es gibt über hundert Millionen unterschiedlicher Stoffe – sowohl natürliche wie auch künstliche Verbindungen. 
  • Suchen wir einen bestimmten Krankheitserreger? Im Wasser tummeln sich aber tausende unterschiedlicher Mikroorganismen – und die meisten sind für uns Menschen völlig ungefährlich (siehe auch Das kleine Einmaleins der Trinkwasserkeime
  • Möchten wir die Wasserqualität aufgrund der physikalischen Eigenschaften wie beispielsweise der Temperatur beurteilen? 

Wie viel ist zu viel? 

Als Zweites müssen wir festlegen: Wie viel ist zu viel? Wie viel ist gut? Wir müssen also für jeden Parameter festlegen, ob und wie viel im Trinkwasser drin sein sollte, und wie viel zu viel ist. 

Wir leben in einer komplexen und manchmal auch paradoxen Welt: Es gibt Substanzen, welche wir in kleinen Konzentrationen zum Leben benötigen, in grösseren Mengen aber gesundheitschädlich sind. Bestimmte Inhaltsstoffe wie beispielsweise Mineralsalze sind im Trinkwasser durchaus erwünscht. Oder wie es der Naturphilosoph Paracelsus treffend ausdrückte: „die Menge macht das Gift“. 

Nur weil etwas da ist, heisst es also noch lange nicht, dass es problematisch ist. 

Ähnlich verhält es sich auch mit Keimen im Wasser: Wenn die Aufnahme von 10 Noroviren bereits zu einer Erkrankung führt (BAG) – so müssen bei vielen bakteriellen Infektionen meist deutlich über 1000 Keime aufgenommen werden, damit es zu einer Infektion kommt. 

Doch dazu später noch mehr. 

Wie suche ich?

Wir wissen jetzt, WAS wir suchen und wie viel zu viel ist – jetzt müssen wir noch definieren WIE wir suchen. 

Damit wir in Echtzeit messen können, benötigen wir einen Sensor. Vereinfacht erklärt, wandelt der Sensor ein nicht-elektrisches Signal in ein elektrisches Signal um. 

Und genau hier liegt der Knackpunkt: Meist kann ich mit einem Sensor jeweils nur einen bestimmten Parameter in einem bestimmten Messbereich messen (zum Beispiel die Trübung).

Die Trübungsmessung ist ein Qualitätsparameter.

Oder die Stoffe sind sich so ähnlich, dass der Sensor sie nicht unterscheiden kann und wir auf aufwändige Laboranalysen setzen müssen: Die Messung der Leitfähigkeit erlaubt einen Rückschluss auf die Summe aller Mineralsalze im Wasser – die Messung von bestimmten Mineralsalzen wie zum Beispiel Magnesium ist mit diesem Messprinzip aber nicht möglich. 

Noch komplexer wird es, wenn ich nach bestimmten Krankheitserregern suche: Es gibt bisher (noch) keinen Sensor, welcher zwischen krankmachenden und unbedenklichen Bakterien unterscheiden kann – hier sind nach wie vor zeitraubende Laboranalysen notwendig. 

Anforderungen an die Trinkwasserproduktion 

Umgang mit Unsicherheiten

Wir verstehen nun, warum es kein Gerät gibt, mit welchem ich „das Trinkwasser messen kann“: Die Vielfalt an Inhaltstoffen im Wasser ist schlicht zu gross, um sie alle mit einem einzigen Gerät zu messen. Und es gibt Parameter, welche nach wie vor nur im Labor bestimmt werden können. 

Wenn es zu den oben genannten drei Herausforderungen keine abschliessende, technische Lösung gibt – kann man denn überhaupt auf die Trinkwasserqualität vertrauen? 

Ja – denn hier gibt es drei „Auffangnetze“ im Betrieb einer Wasserversorgung, welche ich in den nachfolgenden Abschnitten erläutern werde: Das Vorsorgeprinzip, die Gefahrenanalyse, und die Reaktion auf eine Gefährdung. Bevor wir uns den drei Auffangnetzen widmen, müssen wir aber noch einen kurzen Ausflug ins Recht machen…

Gesetzliche Vorgaben zur Wasserqualität (wie viel ist zu viel?) 

Dank der Forschung wissen wir je nach Stoff oder Mikroorganismus ziemlich genau, was für den Menschen schädlich ist und welche Mengen kritisch sind. Der Gesetzgeber bildet diese Erkenntnisse in der Verordnung des EDI (TBDV) ab: Der Anhang 2 enthält eine umfangreiche Liste mit chemischen Substanzen von „A“ wie Acrylamid bis „Z“ wie Zink und den dazugehörigen zulässigen Höchstwerten. 

Als besondere Herausforderung kristallisierten sich aber in jüngerer Zeit chronische Effekte auf den Menschen durch synthetische Produkte heraus – wie beispielsweise Pestizidrückstände im Trinkwasser. Hier besteht tatsächlich noch viel Forschungsbedarf. Nach dem aktuellem Stand des Wissens sind die im Schweizer Trinkwasser gemessenen Konzentrationen für die Menschen aber unbedenklich (weitere Informationen dazu sind auf der Seite der Eidgenössischen Anstalt für Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz EAWAG zu finden). 

Erstes Auffangnetz: Das Vorsorgeprinzip 

Ein intakter Boden schützt das Grundwasser und intakte Oberflächengewässer können als Trinkwasserressource genutzt werden. Rund zwei Drittel des Trinkwassers in der Schweiz stammt aus dem Grundwasser – aus diesem Grund geniessen diese Grundwasserleiter besonderen Schutz. Das Schutzzonenkonzept regelt die Nutzung des Bodens im Einzugsgebiet von der Fassungen der Wasserwerke. 

Gesunde Böden können belastetes Wasser bis zu einem gewissen Grad durch natürliche Prozesse aufbereiten. Diese kostenlose «Dienstleistung» der Natur wird leider oft übersehen. In der dicht besiedelten Schweiz ist das Grundwasser darum zunehmendem Druck ausgesetzt: Das Schutzzonenkonzept gerät immer wieder in Konflikt mit anderen Boden-Nutzungen, beispielsweise bei der Einzonung von neuen Industrieflächen oder beim Bau neuer Verkehrswege. 

Solche Schutzzonen gibt es praktisch in jeder Gemeinde: Das Bundesamt für Umwelt hat eine Sammlung aller Gewässerschutzkarten der Kantone auf seiner Seite veröffentlicht BAFU

Zweites Auffangnetz: Erkennen von Gefahren 

Auch bei einer vorbildlichen Umsetzung des Schutzzonenkonzeptes kann es zu einer Verunreinigung des Wassers kommen. Aus diesem Grund müssen die Wasserversorgungen eine «Hazard Analysis» (Gefahrenanalyse) durchführen: Welche Gefahrenquellen bestehen für das Wasser? Anbei drei Beispiele: 

  1. Führt ein Verkehrsweg durch das Gebiet, können bei einem Unfall wassergefährdende Stoffe wie beispielsweise Motorenöl oder Treibstoff auslaufen und ins Grundwasser gelangen. 
  1. Führt eine Kanalisationsleitung durch das Gebiet, kann bei einer Leckage unbemerkt mit Krankheitserregern verseuchtes Abwasser ins Wasser gelangen 
  1. Liegt die Grundwasserentnahme in der Nähe eines Flusses, kann bei einem Hochwasser die Grundwasserfassung verschmutzt werden 

Drittes Auffangnetz: Reagieren auf Gefahren 

Die «Hazard Analysis» erlaubt es der Wasserversorgung, mögliche Gefahren zu erkennen. Daraus lassen sich Tätigkeiten ableiten, welche diese Gefährdungen für das Trinkwasser abwenden: Dazu müssen nun «Critical Control Points» (kritische Lenkungspunkte) definiert werden. An diesen «Critical Control Points» kann verhindert werden, dass verschmutztes Wasser ins Trinkwassernetz gelangt. 

Dies ist kann mit einem technischen Ansatz geschehen: Eine Echtzeitmessung überwacht anhand von definierten Parametern die Wasserfassung und schlägt bei einem definierten Grenzwert Alarm. Nun wird der Zulauf ins Trinkwassernetz automatisch gestoppt, oder es wird zusätzlich aufbereitet. Diese Wasseraufbereitung entfernt die Verschmutzungen im Wasser. 

Sichere Versorgung mit gutem Wasser 

Informationen zur Trinkwasserqualität

Wasserversorgungen sind per Definition Lebensmittelbetriebe und darum gesetzlich zur Selbstkontrolle verpflichtet. Zusätzlich wird das Trinkwasser regelmässig durch die Lebensmittelkontrolle der Kantone überprüft (Zusammenstellung aller Ämter) – die aktuellen Ergebnisse für zahlreiche Wasserversorgungen sind unter unter www.trinkwasser.ch öffentlich einsehbar. 

Besteht trotz aller Vorsichtsmassnahmen die akute Gefahr einer Trinkwasserverschmutzung, dann warnen die Behörden die Einwohner über unterschiedlichen Kanälen und erlassen Beispielsweise eine Abkochvorschrift (siehe auch alertswiss). 

Privat vorsorgen für ausserordentliche Situationen 

Wir leben in einer komplexen Welt, gerade die letzten Monate haben gezeigt, dass das Undenkbare möglich ist. Trotz der hohen Qualitätsanforderungen an die Wasserversorgungen ist es darum sinnvoll, einen kleinen Notvorrat an Trinkwasser anzulegen: Der Bund empfiehlt darum pro Kopf 9L Trinkwasser privat zu lagern. So können im Katastrophenfall bis zu drei Tage überbrückt werden, bis eine Notwasserversorgung sichergestellt ist. 

Für den täglichen Konsum darf aber gut und gerne auf den bewährten „Hahneburger“ zurückgegriffen werden – so können lange Transportwege und zusätzlicher Abfall vermieden werden. 

Gutes Wasser auch in der Zukunft?

Sauberes und ständig verfügbares Trinkwasser ist ein äusserst wertvolles (unbezahlbares) Gut. Als Lieferant von technischen Produkten kann Endress+Hauser punktuell einen Beitrag zur guten Trinkwasserqualität leisten – die grundsätzlichen Herausforderungen müssen aber in der Gesellschaft angegangen werden. Denn besser als jede technische Massnahme ist der konsequente Schutz unserer ober- unterirdischen Gewässer. 

Wie kann jeder Einzelne von uns einen kleinen Beitrag dazu leiste? Hinterlasse einen Kommentar, ich freue mich auf viele praktischen Tipps und Tricks aus dem Alltag! 

Autor: Stefan Vogel

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